Alles Zucker oder was?

Oftmals höre ich den Satz „Ich esse keinen Zucker mehr“ und frage dann gerne provokativ nach „Ah ok d.h. Sie essen auch kein Obst und Gemüse mehr. Das ist ja interessant….

Ok. Zucker hat heute keinen guten Ruf und die Medien machen es mit ihrer Verwendung von Schlagworten nicht immer einfach zu einer differenzierten Meinung zu gelangen. Zumal wir versuchen durch Kategorisierung in „gute“ und „schlechte“ Nahrungsmittel die zunehmende gefühlte Komplexität zu vereinfachen.

Zunächst einmal enthalten alle unsere Nahrungsmittel die drei Makronährstoffe: Kohlenhydrate, Fetten und Proteinen in unterschiedlichen Anteilen.

Pflanzen produzieren Glucose im Rahmen der Photosynthese.

Diese ist die Grundlage für den Aufbau fast aller Naturstoffe. D.h. aus Lichtenergie und energiearmen Verbindungen entsteht eine energiereiche organische Verbindung. Wasser reagiert mit Kohlenstoffdioxid zu Glucose und Sauerstoff.

Die Kohlenhydrate sind mengenmäßig der wichtigste Nährstoff des menschlichen Organismus. Der Name stammt von „hydrate de carbon“, d.h. die hydratisierte Form des Kohlenstoffs. Kohlenhydrate sind aus den Elementen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff aufgebaut. Eine andere Bezeichnung für Kohlenhydrate ist „Saccharide“.

Wir unterscheiden Monosaccharide, Disaccharide und Polysaccharide. Je nachdem aus wie vielen Zuckermolekülen die Kohlenhydrate bestehen. Glucose und Fruktose sind Monosaccharide = Einfachzucker, Laktose ist ein Disaccharid (besteht aus einem Molekül Glukose und einem Molekül Galaktose) und ist somit ein „Zweifachzucker“, Stärke ist ein Polysaccharid – also ein „Mehrfachzucker“.

Unser Haushaltszucker nennt sich auch Saccharose ist ein Disaccharid. Er besteht aus einem Molekül Glukose und einem Molekül Fruktose. Er wird hauptsächlich aus der Zuckerrübe und dem dem Zuckerrohr (=Rohrzucker) gewonnen, möglich ist zudem u.a. eine Gewinnung aus dem Zuckerahorn (Ahornsirup) oder der Zuckerpalme.

Ist Fructose der bessere Zucker?

Fructose (oft auch Fruktose, von lateinisch fructus „Frucht“) wird als Zuckeraustauschstoff verwendet, da Fructose langsamer als Glucose resorbiert, d.h. aufgenommen wird. Es findet ein passiver Transport der Fructose durch spezielle Proteine statt. Glucose und Galactose hingegen werden schneller sekundär-aktiv, d.h. unter Energieverbrauch, in die Zelle gepumpt. Dies geschieht reguliert über eine rückgekoppelte Hemmung.

Im Gegensatz dazu fließt Fructose unreguliert ohne Energieaufwand entlang ihres Konzentrationsgradienten. Dies führt dazu, dass Fructose niemals vollständig aus der Nahrung in die Zellen aufgenommen wird. Durch die fehlende rückgekoppelte Hemmung wird keine Insulin-Ausschüttung indiziert. Da Insulin ein Sättigungshormon ist, kann die übermäßige Verwendung von Fructose zu einem geringeren Sättigungsgefühl führen. Zudem wird Fructose schneller in Körperfett umgewandelt als Glucose.

Wir haben also einen hochintelligenten Körper, der auch Makronährstoffe ineinander umwandeln kann.

Zuckerzusatz vs. natürlich vorkommender Zucker

Entscheidend ist die Unterscheidung zwischen „freiem Zucker“ bzw. „Zuckerzusatz“ sowie natürlich vorkommendem Zucker. In natürlichen und unverarbeiteten Produkten, wie z.B. Obst, Gemüse, Milch und Milchprodukte, Getreide, ist von Natur aus Zucker enthalten. Weiterverarbeiteten Produkten wie Fruchtjoghurt, Wurstwaren, Limonaden etc. wird Zucker meist zugesetzt.

Die Lebensmittelindustrie setzt Zucker nicht nur zum Süßen, sondern auch wegen seiner vielfältigen Funktionen ein. So trägt Zucker u.a. zur Stabilisierung und Haltbarmachung, Frisch- und Feuchthaltung Veränderung von Textur, Konsistenz und Farbe sowie zur allgemeinen Abrundung des Aromas bei.

Wieviel Zucker ist denn noch gesund?

Im Durchschnitt verzehrt der deutsche Bundesbürger ca. 34 kg Zucker pro Jahr, das sind fast 95 Gramm täglich und doppelt so viel, wie für eine ausgewogene Ernährung empfohlen wird. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) und weitere Fachgesellschaften empfehlen eine maximale Zufuhr „freier Zucker“ von weniger als 10 % der Gesamtenergiezufuhr. Bei einer Gesamtenergiebedarf von z.B. 2000 kcal / Tag entspricht dies einer Menge von 50 g freien Zuckern / Tag. Diese Menge steckt z.B. in 0,5 l Cola und entspricht 17 Zuckerwürfeln.

D.h. es geht um die Reduktion des freien oder zugesetzten Zuckers. Dies erreicht man mit der Verwendung von möglichst natürlichen und unverarbeiteten Nahrungsmitteln. Sozusagen nach dem Motto:

 „Möglichst frisch vom Feld, direkt in den Einkaufskorb.“

Es gibt keine „guten“ und „schlechten“ Nahrungsmittel

Es gibt kein einheitliches Ernährungsparadigma. Vielmehr ist es so, dass unterschiedliche Ernährungskulturen miteinander in Kontakt treten. Zum Teil sogar verschiedene Ernährungskulturen und Ernährungsstile miteinander konkurrieren. Und dabei sind es die Vielfalt und die Kombination von Nahrungsmitteln, die eine gesunde Ernährung ausmachen. Bei der zunehmenden Komplexität und der Vielzahl an Ernährungsinformationen, fällt es uns zunehmend schwerer eine für uns gute Entscheidung zu treffen. Diese Beobachtung wird mit dem Begriff der „Food Unsecurity“ beschrieben. Noch nie so viel Ernährungswissen und noch nie so viele Probleme. D.h. mehr Wissen ist nicht immer hilfreich.

Wie viel Komplexität braucht es, um eine gute Lösung zu finden?

Hierbei hilft ein Blick in unsere Vergangenheit. Wie haben wir das eigentlich früher gemacht? Wir haben einfach gegessen. So einfach und doch so weise. Der Unterschied war: es gab eine andere Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln. Heute leben wir hier in Deutschland in einem Schlaraffenland und konfrontieren unseren Körper mit einem Überangebot an Nahrungsmitteln. Dies ist bei unserer genetischen Programmierung, welche uns unser Überleben bis heute gesichert hat, durchaus problematisch. Denn diese lautet: „Iss so viel du kannst – wer weiß, was es morgen gibt“. Unsere Gene hatte nicht ausreichend Zeit, um sich an die rasante Veränderung unseres Umfeldes anzupassen. Auch unsere Süßpräferenz hat evolutionsbiologische Ursachen. So sind süße Beeren und Früchte i.d.R. nicht giftig. Hätten unsere Vorfahren fleißig bittere und saure Nahrungsmittel gesammelt, würden Sie diesen Beitrag hier heute nicht lesen können.

Also:

  1. Die Dosis macht das Gift
  2. Unser Körper braucht Vielfalt.
  3. Nutze möglichst natürliche und unverarbeitete Nahrungsmittel
  4. Denke in Nahrungsmitteln und nicht in Nährstoffen. Den Nudeln zu liebe.

Kann gesunde Ernährung so einfach sein? Die Antwort lautet: Ja.